Seeds & genetics
The Father of White Widow
Interview mit Ingemar
Wenn Cannabis legal wäre, könnte sich ein ähnlicher Umgang damit etablieren, wie er sich seit Jahrhunderten im Umgang mit anderen Genussmittel wie Wein entwickelt hat. Es gäbe dann ganz offiziell Experten, die über die Eigenheiten der verschiedenen Sorten Fachsimpeln und Produzenten, die sich durch gute Produkte einen guten Namen schaffen könnten.
Die weltweite Ächtung der Cannabispflanze hat jedoch dazu geführt, das sich die Szene verstecken muss. Dennoch gibt es diese Produzenten, die sich mit Cannabis einen guten Namen schaffen konnten – doch oft bleiben sie im Hintergrund, wie das folgende Interview zeigt...
Wer von euch hat nicht schon mal von ihr gehört: von White Widow. Kaum eine andere Hanfzüchtung hat in den vergangenen Jahren mehr Popularität erlangen können, als die “Weiße Witwe”. Auf zahlreichen Hanf Cups konnte sie immer wieder begeistern und ihren legendären Ruf ausbauen.
Auch die Amsterdamer Firma Green House Seed Company (wir berichteten in der vorletzten Ausgabe) hat großen Erfolg mit dieser Sorte.
Doch um hinter das Geheimnis dieser Pflanze zu kommen, mussten wir den „wahren“ Vater von White Widow treffen. Sein Name ist vielen Züchtern ein Begriff, wirklich kennen gelernt haben ihn nur wenige: Ingemar, den „Father of White Widow“. Nach einigem hin und her ist es uns dann doch endlich gelungen, ihn in den Niederlanden zu besuchen und ein Interview zu führen...
Grow! Hallo Ingemar! Du giltst als “Vater von White Widow”. Würdest du das auch so sehen?
Ingemar: Ja, das könnte man so sagen. Ich habe eine Pflanze gezüchtet, die unter dem Namen White Widow bekannt geworden ist.
Grow! Stammt der Name auch von dir?
Ingemar: Auf den Namen kam ein guter Freund von mir, inspiriert durch ein Tattoo von einer Black Widow (Schwarzen Witwe).
Grow! Also doch von der Spinne!
Ingemar: Ja, der Name kommt von der Spinne...
Grow! Und „White“, weil sie voller Kristalle ist..?!?
Ingemar: Genau, sie stellt die erste Vertreterin der sogenannten „White-Familie“ dar. Später kamen dann Sorten wie White Shark dazu.
Grow! Und was ist das besondere an White Widow, welche Genetik steckt dahinter?
Ingemar: Das ist natürlich ein Geheimnis! Ich kann dir nur soviel sagen: Entstanden ist sie aus nur zwei Hanfssamen, die ich angepflanzt und sechs Jahre lang genetisch stabilisiert habe, bevor sie miteinander gekreuzt wurden.
Grow! Wo hast du die Samen her? Von jemanden bekommen oder von Reisen mitgebracht?
Ingemar: Die Samen habe ich aus sehr guten, handgeriebenen Haschisch heraus gesammelt. Daraus habe ich Pflanzen gezogen, die ich wie erwähnt sechs Jahre lang durch Selektion immer wieder verbessert und stabilisiert habe.
Grow! Wie genau bis du vorgegangen?
Ingemar: Zu der Zeit war der Cannabisanbau in den Niederlanden noch weniger ein Problem. Für die Saatgutgewinnung konnte legal angebaut werden. Ich hatte Felder, wo ich mehrere tausend Pflänzchen aussetzen konnte, um die besten unter ihnen herauszuselektieren.
Grow! Was sind dabei deine Kriterien? Worauf legst du dein Augenmerk?
Ingemar: Das ist eigentlich auch ein Geheimnis. Aber lass mich soviel verraten: Ich beschäftige mich mit Cannabis, weil es für viele Menschen eine wichtige Medizin darstellt. Ich züchte ausschließlich für die medizinische Anwendung. Das heißt, ich habe über 15 Jahre hinweg mit verschiedenen Patienten zusammen gearbeitet. Ich gab ihnen ihre Medizin – kostenlos natürlich – und sie berichteten mir über die Wirkungsweisen der einzelnen Hanfsorten bei verschiedenen Krankheiten. Dabei wurde schnell klar, das es da sehr große Unterschiede gibt. Die Zusammensetzung der Wirkstoffe auf einer Hanfpflanze kann stark variieren, was dazu führt, das bestimmte Hanfsorten bei bestimmten Leiden besondere Linderung versprechen.
Neben den vegetativen Eigenschaften wie guter Wuchs, Schimmelresistenz und hoher Ertrag, lege ich also bei der Selektion besonderen Wert auf die Wirksamkeit als Heilmittel.
Grow! Seit wann beschäftigst du dich mit Cannabispflanzen?
Ingemar: Seit 1980, ich war damals 20 Jahre alt, als ich die ersten Samen in die Finger bekam. Und seit dem arbeite ich mit Cannabispflanzen, täglich zwischen 8 und 9 Stunden. Und während dieser langen Zeit begann ich zu verstehen, was Cannabispflanzen brauchen, um sich wohl zu fühlen und sich gut zu entwickeln. So stellte ich fest, das es mindestens sechs Jahre dauert, bis sich aus Hanfsamen eine genetisch stabile Sorte entwickelt.
Grow! Und du baust hauptsächlich draußen an?
Ingemar: Ja, das mache ich schon seit Jahren. Die Pflanzen, die du draußen stehen siehst, sind von Samen, die im letzten Herbst auf die Erde gefallen sind. Seit Februar wachsen sie nun.
grow! Trotz Frost und schlechten Wetter?
Ingemar: Ja, sie sind die stärksten Hanfpflanzen, die du finden kannst. Sie haben sich mittlerweile so gut an unser Klima angepasst, das selbst Frost ihnen nichts mehr ausmacht.
Grow! Das hört sich sehr spannend an. Gerade für unsere Schweizer Hanffreunde dürfte das interessant sein... Kann man irgendwie an Samen von diesen Pflanzen kommen?
Ingemar: Noch nicht. Und wenn, dann nur beim „De Sjamaan“. Dort gibt es bereits eine Outdoorsorte von mir (die Purple Widow), die in nur sehr kurzer Zeit blüht und gerade draußen gute Resultate erzielt.
Im Moment bin ich damit beschäftigt, den Geschmack und das Aroma zu verfeinern. Ich denke da an Lemon, Mango, Purpel und so weiter.
Grow! Wie genau machst du das? Stellst du eine Zitronenpflanze neben sie, und dann schmecken die Hanfpflanzen auch nach Zitrone?
Ingemar: Es hört sich vielleicht blöd an, aber so könnte man es machen. Ich habe jedoch eine etwas andere Methode entwickelt.
Grow! Die wäre..?
Ingemar: Wenn der Dünger zum Beispiel aus kompostieren Mango-Abfällen besteht, kann die Hanfpflanze ein Mango ähnliches Aroma bekommen.
Grow! Aber wenn man anderen Dünger benutzt, geht dieser Effekt wieder verloren?!?
Ingemar: Genau, und deshalb halte ich nicht viel vom Indooranbau. Dabei wird den Pflanzen alles genommen, was ihnen einen eigenen Charakter verleihen könnte.
Grow! Wobei der Innenanbau mit Einsatz von Pflanzenlampen unabhängig vom europäischen Klima macht. Wie erhältst du deine Genetik – also deine Mutterpflanzen? Im Winter geht Outdoor ja nicht viel, und nur über die Samen eine Sorte zu erhalten, ist nicht einfach...
Ingemar: Für meine Mutterpflanzen habe ich ein Gewächshaus...
Grow! Hast du in der ganzen Zeit schon mal Ärger mit den Behörden bekommen. Denn auch in Holland ist der Anbau von Cannabis in dem Umfang nicht unbedingt problemlos..?
Ingemar: Ja, das stimmt. Unser letztes Treffen musste ich absagen, weil ich Besuch vom Finanzamt hatte...
Ich bin von Anfang an sehr offen den Behörden gegenüber mit dem Cannabisanbau umgegangen. Ich habe keinen Hehl daraus gemacht und hatte auch lange Zeit keine Probleme.
Vor einigen Jahren hatte ich dann doch Besuch von der Polizei und sie beschlagnahmten meine Pflanzen. Es kam zum Gerichtsverfahren, bei dem ich aber frei gesprochen wurde, weil ich mich an ihre Gesetze gehalten hatte. Die örtliche Polizei sicherte mir zu, mich in Zukunft in Ruhe zu lassen. Doch Beamte aus einem anderen Distrikt war das egal. Sie kamen noch mal vorbei, um meine Pflanzen zu beschlagnahmen. Ich warnte die Polizisten, dass ich sie persönlich für den entstandenen Schaden haftbar machen werde, doch sie nahmen mich nicht ernst. Und es kam, wie ich gesagt hatte: Ich wurde wieder frei gesprochen. Und nun haben die Polizisten ein Problem, weil ich mich an die Gesetze gehalten habe und sie nicht!
Grow! Was erlaubt dir, hier ungestraft anzubauen, wo man doch oft von der zunehmenden Verfolgung von Growern in den Niederlanden hört?
Ingemar: Bis 2002 war der Anbau von Cannabis zur Saatgutgewinnung erlaubt. Seit sich das geändert hat, baue ich nur noch aus wissenschaftlichen Gründen an. Und zu wissenschaftlichen Zwecken ist der Anbau erlaubt. Aber so weit ich weiß, bin ich derzeit der einzige in Holland, der legal Hanf anbauen darf...
Grow! Auch indoor?
Ingemar: Nein, nur draußen im Garten.
Grow! Und wie viele Pflanzen darfst du anbauen? Normal sind doch fünf?
Ingemar: Normalerweise fünf Stück pro Adresse, aber ich darf so viele anbauen wie ich möchte. Sie können nichts dagegen tun!
Aber du musst auch bedenken, das ich seit 25 Jahren einen Kampf gegen ein Gesetzt führe, das mir den Anbau von Pflanzen verbieten will. Und seit letztem Jahr habe ich erreicht, wofür ich solange kämpfen musste.
Grow! Aber Gras darfst du keins verkaufen, oder?
Ingemar: Gras sowieso nicht, und selbst Samen darf ich keine verkaufen. Ich baue ja auch nicht an, um Samen zu produzieren, sondern um zu forschen. Die Samen, die dabei entstehen, schmeiße ich aber nicht weg, sondern leite sie an die Firma De Sjamaan weiter.
Grow! Ich verstehe... Sind alle Sorten, die beim „De Sjamaan“ angeboten werden, Variationen von White Widow?
Ingemar: Ja, im Prinzip schon. Ich habe die ursprünglichen White Widow Sorten jedes Jahr aufs neue mit einander gekreuzt und selektiert. So entstanden die unterschiedlichen Varietäten, die letztlich alle von den zwei ursprünglichen Hanfsamen abstammen.
Aber wie gesagt, jede einzelne neue Sorte muss sechs Jahre lang akklimatisiert und stabilisiert werden.
Grow! Wie ist das mit Green House aus Amsterdam, die bieten auch eine White Widow an. Hat die dieselbe Genetik wie deine White Widow?
Ingemar: Ja, es ist die selbe Sorte. Ich habe vor Jahren Arjan vom Green House die Genetik und den Namen gegeben. Er ist der einzige, der außer mir die Genetik und den Namen benutzen darf.
Grow! Und das tut er sehr erfolgreich. Du selbst bist aber nicht wirklich reich geworden, oder?
Ingemar: Nein, weil es mir nie um das Geld ging, sondern um die Pflanzen und ihr Nutzen für die Einsatz das Heilmittel. Ich finde es viel wichtiger, die unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten der verschiedenen Sorten zu erforschen und so Menschen zu helfen, als nur nach Geld zutrachten. Wenn es mir um Geld gegangen wäre, hätte ich vor Gericht wohl auch nicht gewonnen.
Grow! Leider geht es manchen Grower doch nur ums Geld. Wisst ihr etwas darüber, das Grower ihre Pflanzen mit gesundheitsschädlichen Mittel behandeln, um mehr Profit machen zu können?
Ingemar: Ja, allerdings! In dieser Angelegenheit bereite ich ein Schreiben an den zuständigen Minister vor, um ihn auf diesem Misstand hinzuweisen. Er lässt es zu, dass seit Jahren den Leuten in CoffeeShops chemieverseuchtes Weed verkauft wird, was langfristig die Gesundheit schädigt!
Grow! Was für chemische Mittel sind da im Einsatz?
Ingemar: Das hängt davon ab, was mit dem Gras passieren soll. Angefangen bei den verschiedenen bedenklichen Pestiziden bis hin zu Mitteln, die nur benutzt werden, um aus einer schlechten eine anscheinend gute Ernte zu machen. So benutzen einige Kaffee-Weißer, der ein paar Tage vor der Ernte auf die Pflanzen gestreut wird, um sie weißer zu machen. Oder Haarspray, das den selben Zweck erfüllen soll und zu dem noch einen schönen Glanz verleiht...
Grow! Es gibt wirklich Leute, die das machen?
Ingemar: Leider ja! So skrupellos kann man werden, wenn es nur ums Geld geht...
Grow! Benutzt du irgendwelche Pestizide oder ähnliches?
Ingemar: Nein, ich lasse es einfach wachsen. Die Natur kümmert sich um alles, wenn man sie nur lässt. Ich glaube nicht an die Chemie. Im Gegenteil: Ich bin überzeugt, dass der Einsatz von chemischen Mitteln über Jahre hinweg die Genetik verändert. Und das ist überhaupt nicht in meinem Interesse.
Grow! Aber düngen tust du schon...
Ingemar: Ja, aber nur mit meinen selbst gemischten Dünger. Alles biologisch und völlig ausreichend, um meine Outdoorpflanzen die ganze Saison über zu versorgen.
Grow! Sonst machst du nichts, auch nicht mit Folie verdunkeln, um die Blühte früher einzuleiten?
Ingemar: Nein, das ist viel zu viel Stress. Das muss du konsequent acht Wochen durchhalten, morgens und abends – und je nach Sorte auch mal mehr als acht Wochen...
Ich mag Pflanzen, die zum Teil über zwanzig Wochen lang blühen, wie die Haze Variationen...
Grow! Ich verstehe... Du hast also Sativas und Indikas?
Ingemar: Ja, alle möglichen Kombinationen daraus: Einige sind lila, manche rot, andere eher gelb...
Grow! Wie ist das mit dem Wirkstoffanteil in deinen Sorten, der dürfte doch relativ hoch sein?
Ingemar: Darüber möchte ich nicht so gerne sprechen, da in den Niederlanden die Diskussion über hohe Wirkstoffkonzentrationen im Gang ist. Die Regierung versucht das starke Marijuana zu verbannen.
Grow! Denkst du, dass es gefährlich ist, starkes Marijuana zu rauchen?
Ingemar: Cannabis ist ein Heilmittel, das bei sachgemäßer Anwendung für Erwachsene in der Regel keine Gefahr darstellt. Zu mindest, wenn man es nicht übertreibt und sein Leben weiterhin auf die Reihe bekommt. Bei Jugendlichen sehe ich das anders. Ich lasse niemanden unter 18 Jahren rauchen.
Drogen sind nichts für Kinder und Jugendliche! Weder Zigaretten, noch Alkohol oder Cannabis!
Grow! Noch mal zurück zur White Widow: Was ist deiner Meinung nach der Grund für die große Popularität von White Widow?
Ingemar: Es ist die erste Vertreterin der sogenannten White-Familie. Sie bildet so viele Kristalle aus, das man Angst bekommt, sie zu rauchen! Ich habe eigentlich wenig für ihre Popularität getan, weder Anzeigen geschaltet oder sonst eine Promotion gemacht. Ich habe lediglich einem CoffeeShop getrocknete Blüte gegeben, die sie bei verschiedenen Hanf Cup eingereicht haben. Und dabei haben sie jedes Mal gewonnen.
Grow! Lag das nur am Weed?
Ingemar: Das habe ich mich auch gefragt. Das war, als gerade White Shark heraus und gleich den ersten Cup gewann, an dem er teilnahm. Ich hab dann das selbe Gras unter den Namen Peacemaker bei einem anderen Cup einreichen lassen – aber es gewann wieder.
Also lag es wohl doch am Weed, was mich natürlich freute...
Grow! Mittlerweile haben deine Pflanzen schon einige Preise gewonnen...
Ingemar: Wenn ich die alle hier rumstehen haben wollte, müsste ich mir ein größeres Haus suchen. Aber mir geht es nicht um die Preise. Mir reicht die Gewissheit, dass meine Züchtungen gut ankommen und qualitativ Top sind. Mehr interessiert mich als Züchter nicht.
Grow! Hast du noch ein paar Tipps für die Pflanzenfreunde unter unseren Lesern?
Ingemar: Jetzt spontan leider nicht. Normalerweise gegeb ich auch keinen „Unterricht“. Ich habe mal eine Zeitlang für die holländische Highlife geschrieben, doch das hat Zeit gekostet, die mir dann für meine Pflanzen gefehlt hat. Und das war gar nicht in meinen Sinne.
Aber ich kann euch und euren Lesern anbieten, das ihr mir Fragen per Email schicken könnt, die ich dann einmal in drei Monaten beantworten würde.
Grow! O.k. auch wenn nicht jeder solange warten kann, finde ich die grundsätzliche Bereitschaft schon mal cool...
Ingemar: Wer mir eine aufschlussreiche Mail schickt und ein paar Fotos dazu packt – denn ohne eine Pflanze gesehen zu haben, ist eine Diagnose oft nicht möglich – muss eventuell nicht so lange warten...
Grow! Und du verstehst auch Deutsch?
Ingemar: Verstehen und lesen kann ich es schon, nur antworten werde ich wohl lieber auf englisch, das fällt mir leichter...
Grow! Super! Vielen Dank für das Gespräch und bis bald!
The Father of White Widow
Interview mit Ingemar
Wenn Cannabis legal wäre, könnte sich ein ähnlicher Umgang damit etablieren, wie er sich seit Jahrhunderten im Umgang mit anderen Genussmittel wie Wein entwickelt hat. Es gäbe dann ganz offiziell Experten, die über die Eigenheiten der verschiedenen Sorten Fachsimpeln und Produzenten, die sich durch gute Produkte einen guten Namen schaffen könnten.
Die weltweite Ächtung der Cannabispflanze hat jedoch dazu geführt, das sich die Szene verstecken muss. Dennoch gibt es diese Produzenten, die sich mit Cannabis einen guten Namen schaffen konnten – doch oft bleiben sie im Hintergrund, wie das folgende Interview zeigt...
Wer von euch hat nicht schon mal von ihr gehört: von White Widow. Kaum eine andere Hanfzüchtung hat in den vergangenen Jahren mehr Popularität erlangen können, als die “Weiße Witwe”. Auf zahlreichen Hanf Cups konnte sie immer wieder begeistern und ihren legendären Ruf ausbauen.
Auch die Amsterdamer Firma Green House Seed Company (wir berichteten in der vorletzten Ausgabe) hat großen Erfolg mit dieser Sorte.
Doch um hinter das Geheimnis dieser Pflanze zu kommen, mussten wir den „wahren“ Vater von White Widow treffen. Sein Name ist vielen Züchtern ein Begriff, wirklich kennen gelernt haben ihn nur wenige: Ingemar, den „Father of White Widow“. Nach einigem hin und her ist es uns dann doch endlich gelungen, ihn in den Niederlanden zu besuchen und ein Interview zu führen...
Grow! Hallo Ingemar! Du giltst als “Vater von White Widow”. Würdest du das auch so sehen?
Ingemar: Ja, das könnte man so sagen. Ich habe eine Pflanze gezüchtet, die unter dem Namen White Widow bekannt geworden ist.
Grow! Stammt der Name auch von dir?
Ingemar: Auf den Namen kam ein guter Freund von mir, inspiriert durch ein Tattoo von einer Black Widow (Schwarzen Witwe).
Grow! Also doch von der Spinne!
Ingemar: Ja, der Name kommt von der Spinne...
Grow! Und „White“, weil sie voller Kristalle ist..?!?
Ingemar: Genau, sie stellt die erste Vertreterin der sogenannten „White-Familie“ dar. Später kamen dann Sorten wie White Shark dazu.
Grow! Und was ist das besondere an White Widow, welche Genetik steckt dahinter?
Ingemar: Das ist natürlich ein Geheimnis! Ich kann dir nur soviel sagen: Entstanden ist sie aus nur zwei Hanfssamen, die ich angepflanzt und sechs Jahre lang genetisch stabilisiert habe, bevor sie miteinander gekreuzt wurden.
Grow! Wo hast du die Samen her? Von jemanden bekommen oder von Reisen mitgebracht?
Ingemar: Die Samen habe ich aus sehr guten, handgeriebenen Haschisch heraus gesammelt. Daraus habe ich Pflanzen gezogen, die ich wie erwähnt sechs Jahre lang durch Selektion immer wieder verbessert und stabilisiert habe.
Grow! Wie genau bis du vorgegangen?
Ingemar: Zu der Zeit war der Cannabisanbau in den Niederlanden noch weniger ein Problem. Für die Saatgutgewinnung konnte legal angebaut werden. Ich hatte Felder, wo ich mehrere tausend Pflänzchen aussetzen konnte, um die besten unter ihnen herauszuselektieren.
Grow! Was sind dabei deine Kriterien? Worauf legst du dein Augenmerk?
Ingemar: Das ist eigentlich auch ein Geheimnis. Aber lass mich soviel verraten: Ich beschäftige mich mit Cannabis, weil es für viele Menschen eine wichtige Medizin darstellt. Ich züchte ausschließlich für die medizinische Anwendung. Das heißt, ich habe über 15 Jahre hinweg mit verschiedenen Patienten zusammen gearbeitet. Ich gab ihnen ihre Medizin – kostenlos natürlich – und sie berichteten mir über die Wirkungsweisen der einzelnen Hanfsorten bei verschiedenen Krankheiten. Dabei wurde schnell klar, das es da sehr große Unterschiede gibt. Die Zusammensetzung der Wirkstoffe auf einer Hanfpflanze kann stark variieren, was dazu führt, das bestimmte Hanfsorten bei bestimmten Leiden besondere Linderung versprechen.
Neben den vegetativen Eigenschaften wie guter Wuchs, Schimmelresistenz und hoher Ertrag, lege ich also bei der Selektion besonderen Wert auf die Wirksamkeit als Heilmittel.
Grow! Seit wann beschäftigst du dich mit Cannabispflanzen?
Ingemar: Seit 1980, ich war damals 20 Jahre alt, als ich die ersten Samen in die Finger bekam. Und seit dem arbeite ich mit Cannabispflanzen, täglich zwischen 8 und 9 Stunden. Und während dieser langen Zeit begann ich zu verstehen, was Cannabispflanzen brauchen, um sich wohl zu fühlen und sich gut zu entwickeln. So stellte ich fest, das es mindestens sechs Jahre dauert, bis sich aus Hanfsamen eine genetisch stabile Sorte entwickelt.
Grow! Und du baust hauptsächlich draußen an?
Ingemar: Ja, das mache ich schon seit Jahren. Die Pflanzen, die du draußen stehen siehst, sind von Samen, die im letzten Herbst auf die Erde gefallen sind. Seit Februar wachsen sie nun.
grow! Trotz Frost und schlechten Wetter?
Ingemar: Ja, sie sind die stärksten Hanfpflanzen, die du finden kannst. Sie haben sich mittlerweile so gut an unser Klima angepasst, das selbst Frost ihnen nichts mehr ausmacht.
Grow! Das hört sich sehr spannend an. Gerade für unsere Schweizer Hanffreunde dürfte das interessant sein... Kann man irgendwie an Samen von diesen Pflanzen kommen?
Ingemar: Noch nicht. Und wenn, dann nur beim „De Sjamaan“. Dort gibt es bereits eine Outdoorsorte von mir (die Purple Widow), die in nur sehr kurzer Zeit blüht und gerade draußen gute Resultate erzielt.
Im Moment bin ich damit beschäftigt, den Geschmack und das Aroma zu verfeinern. Ich denke da an Lemon, Mango, Purpel und so weiter.
Grow! Wie genau machst du das? Stellst du eine Zitronenpflanze neben sie, und dann schmecken die Hanfpflanzen auch nach Zitrone?
Ingemar: Es hört sich vielleicht blöd an, aber so könnte man es machen. Ich habe jedoch eine etwas andere Methode entwickelt.
Grow! Die wäre..?
Ingemar: Wenn der Dünger zum Beispiel aus kompostieren Mango-Abfällen besteht, kann die Hanfpflanze ein Mango ähnliches Aroma bekommen.
Grow! Aber wenn man anderen Dünger benutzt, geht dieser Effekt wieder verloren?!?
Ingemar: Genau, und deshalb halte ich nicht viel vom Indooranbau. Dabei wird den Pflanzen alles genommen, was ihnen einen eigenen Charakter verleihen könnte.
Grow! Wobei der Innenanbau mit Einsatz von Pflanzenlampen unabhängig vom europäischen Klima macht. Wie erhältst du deine Genetik – also deine Mutterpflanzen? Im Winter geht Outdoor ja nicht viel, und nur über die Samen eine Sorte zu erhalten, ist nicht einfach...
Ingemar: Für meine Mutterpflanzen habe ich ein Gewächshaus...
Grow! Hast du in der ganzen Zeit schon mal Ärger mit den Behörden bekommen. Denn auch in Holland ist der Anbau von Cannabis in dem Umfang nicht unbedingt problemlos..?
Ingemar: Ja, das stimmt. Unser letztes Treffen musste ich absagen, weil ich Besuch vom Finanzamt hatte...
Ich bin von Anfang an sehr offen den Behörden gegenüber mit dem Cannabisanbau umgegangen. Ich habe keinen Hehl daraus gemacht und hatte auch lange Zeit keine Probleme.
Vor einigen Jahren hatte ich dann doch Besuch von der Polizei und sie beschlagnahmten meine Pflanzen. Es kam zum Gerichtsverfahren, bei dem ich aber frei gesprochen wurde, weil ich mich an ihre Gesetze gehalten hatte. Die örtliche Polizei sicherte mir zu, mich in Zukunft in Ruhe zu lassen. Doch Beamte aus einem anderen Distrikt war das egal. Sie kamen noch mal vorbei, um meine Pflanzen zu beschlagnahmen. Ich warnte die Polizisten, dass ich sie persönlich für den entstandenen Schaden haftbar machen werde, doch sie nahmen mich nicht ernst. Und es kam, wie ich gesagt hatte: Ich wurde wieder frei gesprochen. Und nun haben die Polizisten ein Problem, weil ich mich an die Gesetze gehalten habe und sie nicht!
Grow! Was erlaubt dir, hier ungestraft anzubauen, wo man doch oft von der zunehmenden Verfolgung von Growern in den Niederlanden hört?
Ingemar: Bis 2002 war der Anbau von Cannabis zur Saatgutgewinnung erlaubt. Seit sich das geändert hat, baue ich nur noch aus wissenschaftlichen Gründen an. Und zu wissenschaftlichen Zwecken ist der Anbau erlaubt. Aber so weit ich weiß, bin ich derzeit der einzige in Holland, der legal Hanf anbauen darf...
Grow! Auch indoor?
Ingemar: Nein, nur draußen im Garten.
Grow! Und wie viele Pflanzen darfst du anbauen? Normal sind doch fünf?
Ingemar: Normalerweise fünf Stück pro Adresse, aber ich darf so viele anbauen wie ich möchte. Sie können nichts dagegen tun!
Aber du musst auch bedenken, das ich seit 25 Jahren einen Kampf gegen ein Gesetzt führe, das mir den Anbau von Pflanzen verbieten will. Und seit letztem Jahr habe ich erreicht, wofür ich solange kämpfen musste.
Grow! Aber Gras darfst du keins verkaufen, oder?
Ingemar: Gras sowieso nicht, und selbst Samen darf ich keine verkaufen. Ich baue ja auch nicht an, um Samen zu produzieren, sondern um zu forschen. Die Samen, die dabei entstehen, schmeiße ich aber nicht weg, sondern leite sie an die Firma De Sjamaan weiter.
Grow! Ich verstehe... Sind alle Sorten, die beim „De Sjamaan“ angeboten werden, Variationen von White Widow?
Ingemar: Ja, im Prinzip schon. Ich habe die ursprünglichen White Widow Sorten jedes Jahr aufs neue mit einander gekreuzt und selektiert. So entstanden die unterschiedlichen Varietäten, die letztlich alle von den zwei ursprünglichen Hanfsamen abstammen.
Aber wie gesagt, jede einzelne neue Sorte muss sechs Jahre lang akklimatisiert und stabilisiert werden.
Grow! Wie ist das mit Green House aus Amsterdam, die bieten auch eine White Widow an. Hat die dieselbe Genetik wie deine White Widow?
Ingemar: Ja, es ist die selbe Sorte. Ich habe vor Jahren Arjan vom Green House die Genetik und den Namen gegeben. Er ist der einzige, der außer mir die Genetik und den Namen benutzen darf.
Grow! Und das tut er sehr erfolgreich. Du selbst bist aber nicht wirklich reich geworden, oder?
Ingemar: Nein, weil es mir nie um das Geld ging, sondern um die Pflanzen und ihr Nutzen für die Einsatz das Heilmittel. Ich finde es viel wichtiger, die unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten der verschiedenen Sorten zu erforschen und so Menschen zu helfen, als nur nach Geld zutrachten. Wenn es mir um Geld gegangen wäre, hätte ich vor Gericht wohl auch nicht gewonnen.
Grow! Leider geht es manchen Grower doch nur ums Geld. Wisst ihr etwas darüber, das Grower ihre Pflanzen mit gesundheitsschädlichen Mittel behandeln, um mehr Profit machen zu können?
Ingemar: Ja, allerdings! In dieser Angelegenheit bereite ich ein Schreiben an den zuständigen Minister vor, um ihn auf diesem Misstand hinzuweisen. Er lässt es zu, dass seit Jahren den Leuten in CoffeeShops chemieverseuchtes Weed verkauft wird, was langfristig die Gesundheit schädigt!
Grow! Was für chemische Mittel sind da im Einsatz?
Ingemar: Das hängt davon ab, was mit dem Gras passieren soll. Angefangen bei den verschiedenen bedenklichen Pestiziden bis hin zu Mitteln, die nur benutzt werden, um aus einer schlechten eine anscheinend gute Ernte zu machen. So benutzen einige Kaffee-Weißer, der ein paar Tage vor der Ernte auf die Pflanzen gestreut wird, um sie weißer zu machen. Oder Haarspray, das den selben Zweck erfüllen soll und zu dem noch einen schönen Glanz verleiht...
Grow! Es gibt wirklich Leute, die das machen?
Ingemar: Leider ja! So skrupellos kann man werden, wenn es nur ums Geld geht...
Grow! Benutzt du irgendwelche Pestizide oder ähnliches?
Ingemar: Nein, ich lasse es einfach wachsen. Die Natur kümmert sich um alles, wenn man sie nur lässt. Ich glaube nicht an die Chemie. Im Gegenteil: Ich bin überzeugt, dass der Einsatz von chemischen Mitteln über Jahre hinweg die Genetik verändert. Und das ist überhaupt nicht in meinem Interesse.
Grow! Aber düngen tust du schon...
Ingemar: Ja, aber nur mit meinen selbst gemischten Dünger. Alles biologisch und völlig ausreichend, um meine Outdoorpflanzen die ganze Saison über zu versorgen.
Grow! Sonst machst du nichts, auch nicht mit Folie verdunkeln, um die Blühte früher einzuleiten?
Ingemar: Nein, das ist viel zu viel Stress. Das muss du konsequent acht Wochen durchhalten, morgens und abends – und je nach Sorte auch mal mehr als acht Wochen...
Ich mag Pflanzen, die zum Teil über zwanzig Wochen lang blühen, wie die Haze Variationen...
Grow! Ich verstehe... Du hast also Sativas und Indikas?
Ingemar: Ja, alle möglichen Kombinationen daraus: Einige sind lila, manche rot, andere eher gelb...
Grow! Wie ist das mit dem Wirkstoffanteil in deinen Sorten, der dürfte doch relativ hoch sein?
Ingemar: Darüber möchte ich nicht so gerne sprechen, da in den Niederlanden die Diskussion über hohe Wirkstoffkonzentrationen im Gang ist. Die Regierung versucht das starke Marijuana zu verbannen.
Grow! Denkst du, dass es gefährlich ist, starkes Marijuana zu rauchen?
Ingemar: Cannabis ist ein Heilmittel, das bei sachgemäßer Anwendung für Erwachsene in der Regel keine Gefahr darstellt. Zu mindest, wenn man es nicht übertreibt und sein Leben weiterhin auf die Reihe bekommt. Bei Jugendlichen sehe ich das anders. Ich lasse niemanden unter 18 Jahren rauchen.
Drogen sind nichts für Kinder und Jugendliche! Weder Zigaretten, noch Alkohol oder Cannabis!
Grow! Noch mal zurück zur White Widow: Was ist deiner Meinung nach der Grund für die große Popularität von White Widow?
Ingemar: Es ist die erste Vertreterin der sogenannten White-Familie. Sie bildet so viele Kristalle aus, das man Angst bekommt, sie zu rauchen! Ich habe eigentlich wenig für ihre Popularität getan, weder Anzeigen geschaltet oder sonst eine Promotion gemacht. Ich habe lediglich einem CoffeeShop getrocknete Blüte gegeben, die sie bei verschiedenen Hanf Cup eingereicht haben. Und dabei haben sie jedes Mal gewonnen.
Grow! Lag das nur am Weed?
Ingemar: Das habe ich mich auch gefragt. Das war, als gerade White Shark heraus und gleich den ersten Cup gewann, an dem er teilnahm. Ich hab dann das selbe Gras unter den Namen Peacemaker bei einem anderen Cup einreichen lassen – aber es gewann wieder.
Also lag es wohl doch am Weed, was mich natürlich freute...
Grow! Mittlerweile haben deine Pflanzen schon einige Preise gewonnen...
Ingemar: Wenn ich die alle hier rumstehen haben wollte, müsste ich mir ein größeres Haus suchen. Aber mir geht es nicht um die Preise. Mir reicht die Gewissheit, dass meine Züchtungen gut ankommen und qualitativ Top sind. Mehr interessiert mich als Züchter nicht.
Grow! Hast du noch ein paar Tipps für die Pflanzenfreunde unter unseren Lesern?
Ingemar: Jetzt spontan leider nicht. Normalerweise gegeb ich auch keinen „Unterricht“. Ich habe mal eine Zeitlang für die holländische Highlife geschrieben, doch das hat Zeit gekostet, die mir dann für meine Pflanzen gefehlt hat. Und das war gar nicht in meinen Sinne.
Aber ich kann euch und euren Lesern anbieten, das ihr mir Fragen per Email schicken könnt, die ich dann einmal in drei Monaten beantworten würde.
Grow! O.k. auch wenn nicht jeder solange warten kann, finde ich die grundsätzliche Bereitschaft schon mal cool...
Ingemar: Wer mir eine aufschlussreiche Mail schickt und ein paar Fotos dazu packt – denn ohne eine Pflanze gesehen zu haben, ist eine Diagnose oft nicht möglich – muss eventuell nicht so lange warten...
Grow! Und du verstehst auch Deutsch?
Ingemar: Verstehen und lesen kann ich es schon, nur antworten werde ich wohl lieber auf englisch, das fällt mir leichter...
Grow! Super! Vielen Dank für das Gespräch und bis bald!